Seminar mit Sabine Oettel

Das Orchester der Hilfen – Ein Bericht zum Seminar von Sabine Oettel

Jeder Reiter hat sicher schon von den Sitzhilfen, den Zügelhilfen und den Schenkelhilfen gehört. Wie das aber in einen Plan gefasst wird und dass es längstens nicht bei diesen drei Hilfenarten bleibt, hat uns Sabine Oettel anlässlich ihres Seminares „Hilfengebung von der Theorie in die Praxis“ erklärt.

Man kann nicht nicht-kommunizieren

Das bekannte Zitat von Paul Watzlawick gilt auch für den Umgang mit unseren Pferden und besonders für die Reiterei und die Arbeit am Boden. Denn wir können nicht nicht-kommunizieren. Unsere Gedanken und unser Körper sprechen immer – auch wenn wir vermeintlich ganz still sind.

„Hilfen sind unsere Kommunikation, um mit unserem Pferd zu sprechen.“, so Sabine Oettel. Wobei das Sprechen sich längstens nicht nur auf die Tätigkeit unseres Mundes bezieht, sondern auch auf unsere Körpersprache und unsere Gedanken. 

Darum gehören neben dem Reitersitz auch die Gedanken und unsere Körpersprache (vom Boden) zu den primären Hilfen.

Primäre Hilfen wirken immer

Die primären Hilfen wirken immer und können nicht ausgelassen werden. Darum muss ihnen auch besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt werden. Zu ihnen gehören die Gedanken und inneren Bilder, der Reitersitz (wenn wir auf dem Pferd sitzen), die Körpersprache (wenn wir uns auf dem Boden befinden).

Wir sind, was wir denken und darum beginnt die achtsame Kommunikation mit unserem Pferd nicht erst in der Reithalle oder auf dem Reitplatz, sondern bereits, wenn wir den Stall betreten. Unsere Gedanken beeinflussen unsere Ausstrahlung und unser Tun – und wir tun halt oft viel. Wichtig ist dabei reflektiert zu sein. Klar zu sein und sich bewusst zu sein, dass Pferde wirklich Gedanken lesen können.
Auch bei der Körpersprache müssen wir uns bewusst sein, dass wir immer wirken. Je nach Haltung, Position von Füssen, Händen und Schultern sowie Tempo und Energie nehmen wir unterschiedlich Einfluss auf das Pferd.

Sekundäre Hilfen zur Komplettierung des Orchesters

„Unsere Hilfen in ihrer Gesamtheit werden zu einem Orchester“, so Sabine Oettel.  Dieses Bild finde ich sehr eingängig, weil sie geschickt auf einander abgestimmt werden müssen. Wobei ich anfügen möchte, dass das Bild niemals dazu führen darf, dass alle Hilfen wie ein wildgewordener Dirigent angewendet werden sollen. Die Hilfen dürfen Zeit haben zu wirken, eine nach der anderen und oft wir die Musik noch viel schöner, wenn einmal ausgesetzt wird und man einfach dem langsam verhallenden Ton lauscht.

Die einzigen Hilfen, die aber ganz ausgesetzt werden können, sind die sekundären Hilfen. Dazu gehören Schenkel- und Zügelhilfen. Sabine Oettel erweitert aber das Orchester geschickt um Bügeltritthilfen, Handzeichen (vom Boden) und Stimmhilfen und differenziert zwischen Gebiss- und Kappzaumhilfen.

Primäre Hilfen: Gedanken & innere Bilder, der Reitersitz, die Körpersprache

Sekundäre Hilfen: Schenkel- und Bügeltritthilfen, Zügelhilfen, Gebiss- und Kappzaumhilfen, Handzeichen, Stimmhilfen

Der Reitersitz und seine sekundären Hilfen

Sabine Oettel unterscheidet zwischen drei Sitzarten:

  • Dem formgebenden Sitz
  • Dem rhythmusgebenden Sitz
  • Dem balancegebenden Sitz

Den formgebenden Sitz kennen wir auch als den Spiegelsitz. Pferde- und Reiterschulter wie auch Pferde- und Reiterhüfte werden gespiegelt.

In diesem Artikel anlässlich eines Wochenendkurses zum Reitersitz mit Sabine Oettel, habe ich bereits mehr dazu geschrieben: Zum Artikel

Der rhythmusgebende Sitz beschreibt die Einflussnahme auf die Schwingung des Pferderückens. Das soll keinesfalls übertrieben werden. Kann aber dem Pferd beim Finden oder Verändern des Rhythmus‘ auf feinste Weise helfen.

Der balancegebende Sitz hilft bei der Bewegungsrichtung. Unser Schwerpunkt gibt vorhin, wohin das Pferd seinen Schwerpunkt verlagern soll.

Alle drei Sitzvarianten müssen aufeinander abgestimmt werden und können nie ausgelassen werden. Wir sitzen ja schliesslich auf dem Pferd. 

Die sekundären Hilfen dienen als Zulieferanten zum Sitz. Wenn als der Sitz allein nicht ausreicht, unterstützen die sekundären Hilfen, damit wir das Pferd wieder am Sitz haben.

Dabei stehen uns Gebiss- und Kappzaumhilfen bzw. Bosalhilfen zur Verfügung – abhängig von der Zäumung, sowie Schenkelhilfen oder noch feiner Bügeltritthilfen. Auch Gertenhilfen können dabei helfen, das Pferd an den Sitz zu holen und Stimmhilfen sowieso.

Die Körpersprache am Boden und die sekundären Hilfen

Vom Boden aus dienen die sekundären Hilfen als Zulieferant zur Körpersprache. Mit Gertenhilfen, Handzeichen, Leinenhilfen und Stimmkommandos wird dem Pferd geholfen, besser auf die Körpersprache zu hören.

Wichtig ist aber immer, dem Pferd auch Zeit zu geben zu reagieren. Man denke an den langsam verhallenden Ton im Orchester und nicht das wilde Durcheinander aller Hilfen miteinander in unterschiedlichen Intensitäten.

„Gut reiten (oder vom Boden arbeiten) bedeutet weniges richtig tun“

Sabine Oettel

Sabine Oettel live erleben

2x im Jahr kommt Sabine Oettel für einen Wochenende in die Schweiz. Neben dem Unterricht von 8 Pferd-Reiter-Paaren gibt es einen Vortrag mit Blickschulung zu einem vorgängig definierten Thema.

Für Zuschauer, die von dem lehrreichen Unterricht profitieren möchten, hat es immer Platz.

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