Seminar Sabine Oettel

Der Reitersitz – Ein Kursbericht zum Seminar mit Sabine Oettel

Zwei Tage haben sich 8 Reiterinnen mit ihren Pferden und zahlreiche Zuschauer auf dem Eschbachhof in Koblenz unter geduldiger Anleitung von Sabine Oettel dem Reitersitz gewidmet.

Sabine Oettel ist Meisterin der Akademischen Reitkunst nach Bent Branderup, Begründerin der Schule Escuela Equitabilis und hat ihren eigenen Stall in Deutschland, wo sie Interessierte der Reitkunst zur Ausbildung oder einfach zum Reinschnuppern willkommen heisst. Im Zentrum ihrer Lehren steht dabei der feine und balancierte Reitersitz. Denn wer von Reitkunst spricht, wird davon ausgehen, sein Pferd auch entsprechend seiner Ausbildung, körperlichen Veranlagung und seines allgemeinen Zustandes reiten zu wollen. Dazu ist ein guter Reitersitz von Beginn an das A und O. Aus diesem Grund haben wir uns anlässlich des Wochenendkurses genau diesem gewidmet.

Der Spiegelsitz

Grundsätzlich gilt: Der Reiter spiegelt dem Pferd durch seinen Sitz die Bewegungsrichtungen von Schultern und Hüfte vor. Die Reiterhüfte gibt also die Richtung der Pferdehüfte und die Reiterschultern und der Blick die Richtung der Pferdeschultern vor. Der Reiter soll seinem Pferd so genau wie möglich vorspiegeln und daraus «einladende Sitzhilfen» entwickeln, mit denen die Pferdeschultern beziehungsweise Hüfte gesteuert werden können.

Für eine «einfache» Geraderichtung im Schritt – einfach ist eigentlich gar nichts 😉 unterscheidet Sabine zwischen dem Linkssitz und dem Rechtssitz. Denn durch unseren Spiegelsitz geben wir nicht nur die Bewegungsrichtung vor, sondern auch die Biegungsrichtung des Pferdes. Dazu müssen wir im Hinterkopf behalten, dass die Hüfte und Schultern des Pferdes nicht gleich breit sind, was ein «einfach geradeaus» schon mal erschwert. Auf dem Zirkel bedeutet das dann, dass sich innere Schulter und innere Hüfte etwas annähern, während sich die Aussenseite des Pferdes etwas dehnt.

Diese Längsbiegung spiegeln wir dem Pferd ebenfalls in unserem Sitz vor, indem wir beispielsweise auf rechte Hand, wir befinden uns entsprechend im Rechtssitz, die linke Hüfte etwas zurücknehmen und die rechte Schulter etwas nach rechts drehen, wobei die linke Schulter automatisch mitkommt. Achtung unser Brustbein und unser Blick «schauen» dahin, wo wir hinwollen.

Wollen wir nun abwenden, drehen wir unseren Blick zusammen mit unseren Schultern weiter nach rechts, der äussere Zügel kratzt automatisch am Hals, begrenzt so die äussere Schulter und fordert sie auf abzuwenden. Unsere Hüfte dreht sich in der Folge mit und die Hüfte des Pferd kommt mit.

Kleiner Einschub: Das Pferd hat während seiner Grundausbildung am Boden bereits gelernt, was die äussere Zügelhilfe bedeutet und versteht diese darum auch, wenn ein Reiter draufsitzt.

Der Schwerpunkt des Sitzes

Mit dem Spiegelsitz und damit einhergehend dem Links- bzw. Rechtssitz ist die Basis gelegt. Nicht vergessen werden darf aber, dass wir auch noch etwas Gewicht mit uns bringen, das es auf dem Pferderücken auszubalancieren gilt. Der Reiter sitzt auf dem Schwerpunkt des Pferdes und sein eigener Schwerpunkt vermag es, den des Pferdes zu beeinflussen. Das ist mit ein Grund, warum wir Land auf und Land ab so viele Pferde sehen, welche unter dem Reiter aus dem Gleichgewicht geraten. Oftmals ist nämlich der Reiter nicht im Gleichgewicht und lässt sich vom Pferd transportieren, statt es zu stabilisieren durch seinen elastischen, aber balancierten Sitz.

Sabine sagt dazu so schön:

«Nicht du bist der Passagier deines Pferdes, sondern dein Pferd ist der Passagier deines Sitzes.»

Sabine Oettel

Wann immer wir also nicht mittig im Sattel sitzen, manipulieren wir den Schwerpunkt des Pferdes. Wenn wir nach innenkippen, aussenabsinken oder uns nach vorne beugen, nehmen wir Einfluss auf den Schwerpunkt des Pferdes. Dabei folgt das Pferd automatisch unserem Schwerpunkt, aus Furcht aus dem Gleichgewicht zu geraten.
Beim Zirkelreiten wird das schnell deutlich. Denn um den Zirkel zu verkleinern, reicht eine leichte Verlagerung der Schwerpunktes nach innen bereits aus – Achtung korrekter Spiegelsitz nicht vergessen. Umgekehrt hilft eine Verschiebung des Schwerpunktes nach aussen bei der Aufhebung der Verkleinerung bzw. beim Vergrössern des Zirkels.

Mit dem Wissen um den Spiegelsitz und den eigenen Schwerpunkt lässt sich das Pferd am Sitz steuern.
Natürlich ist es dann doch nicht ganz so einfach, wie es sich anhört, weil neben der Schiefe des Pferdes, auch unsere eigene Schiefe und unser Körpergefühl es uns schwer machen können. Darauf gehen wir aber an dieser Stelle nicht ein.

Reiten erschreiten

Um den Spiegelsitz und die Wirkung des Schwerpunktes besser zu verstehen, hat Sabine uns während ihres Vortrages gebeten aufzustehen und mit ihr das Reiten zu «erschreiten». Beginnend mit dem korrekten Links- bzw. Rechtssitz haben wir die Seitengänge ohne Pferd «erschritten» und dabei ausprobiert, was passiert, wenn wir im Schulterherein nach innenkippen («Huch, ich mache automatisch einen Schritt rein»), beim Kruppeherein nach aussenfallen («Ich komme nicht mehr voran») und bei der Traversale nach vorne beuge («Das geht so nicht»).

Zügelhilfen, Zügelführungen und Timing der Hilfen

Darum geht es beim nächsten Wochenendkurs mit Sabine Oettel am 23./ 24. Oktober 2021. Du möchtest ebenfalls dabei sein? Dann melde dich gleich an, es hat noch freie Zuschauerplätze.

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