Seminar Bosal Wolfgang Krischke

Kursbericht Wolfgang Krischke – Wie man dem Pferd das Bosal erklärt

Wolfgang Krischke – Wie man dem Pferd das Bosal erklärt

Am 10./11. November kam Wolfgang Krischke von der Fürstlichen Hofreitschule Bückeburg ins kleine Dorf Boswil im Aargau zum Unterrichten. 7 Reiterinnen mit ihren Pferden durften von seinem grossen Wissensschatz profitieren. Unteranderem ich mit dem Jungpferd Infinito (5).

Infinito ist seit Mai unter dem Sattel und wurde gebisslos mit dem Cavesal® angeritten. Wer das Cavesal® noch nicht kennt findet in diesem Blogbeitrag eine Produktvorstellung dazu. Nach zwei grossartigen Lektionen am ersten Tag fragte mich Wolfgang, warum ich Infinito nicht auf dem Bosal reiten würde. Meine ehrliche Antwort war, dass ich mich nicht so daran traute. Er hat dazu den Kopf geschüttelt und gemeint, ich solle es doch am Sonntag ausprobieren.

Um das Bosal drehen sich so viele Gruselgeschichten, die sich bei mir im Hinterkopf eingenistet hatten.

Meine Top 3:

  • Damit kannst du dem Pferd die Nase brechen
  • Damit darf man nur reiten, wenn ein Trainer dabei ist
  • Das Bosal gehört nicht an ein junges Pferd

Als ich die Bosalreiter aus unserer Kursgruppe darauf ansprach, erntete ich nur ein nettes Lachen. Logisch betrachtet, kann man mit jeder Zäumung dem Pferd Schmerz bereiten. Das Bosal ist dabei nicht gefährlicher als ein Kappzaum, eine Kandare oder eine Wassertrense. Im Gegenteil das Bosal wirkt z.T. viel direkter und präziser als die andere Zäumungen. Damit sind wir beim Trainer. Klar, braucht es den. Den braucht es aber auch, wenn man mit einer anderen Zäumung reitet. Eigentlich ist es schon fast ironisch, dass Land auf, Land ab, den Pferden Gebisse in den Mund gelegt werden, ohne dass ein Trainer daneben steht und dem Reiter hilft, dem Pferd die Hilfen zu erklären.
Bezüglich Jungpferd und Bosal lohnt es sich bei den Altkalifornischen Reitern (Jeff Sanders, Alfonso Aguilar um die bekanntesten zu nennen)  oder auch der Hofreitschule Bückeburg zu schauen, wie die Jungpferde gearbeitet werden. Nämlich allesamt auf dem Bosal.

Ich möchte das Thema nicht verharmlosen, denn ich habe nach wie vor einen grossen Respekt vor dem Bosal. Den habe ich aber auch von der Kandare und trotzdem nutze ich sie. Angst habe ich aber nach dem Unterricht bei Wolfgang keine mehr. Denn er hat mir gezeigt, wie ich Infinito die Wirkung des Bosals beibringen kann und darum geht es ja im Grunde immer. Man muss dem Pferd alle Hilfen logisch erklären und dazu gehört nun mal auch die Zügelhilfe der Zäumung, für die man sich entschieden hat. Nur so kann das Pferd mit feinen Hilfen geritten werden kann.

Denn feines Reiten ist nicht etwas, das erst nach jahrelanger Übung entsteht. Feines Reiten kann man dem Pferd vom ersten Schritt seiner Ausbildung an beibringen.

Was aber ist überhaupt ein Bosal?

Das Bosal ist eigentlich nur das Nasenstück, aber nichtsdestotrotz des Zentrum, der kalifornischen Hackamore, wie die komplette Zäumung eigentlich genannt wird. Die Hackamore besteht aus dem Bosal, einem aus Rohhaut geflochtenen Nasenteil, einem sogenannten Hanger, um sie am Kopf zu befestigen und der Mecate, den Zügel, welche an das Bosal geknotet werden. Die Mecate wird oft aus Schweif- oder Mähnenhaaren geflochten und fühlt sich entsprechend kratzig an.

Ein richtiges und entsprechend hochwertiges Bosal schmiegt sich an den Pferdekopf, wie ein Paar bequeme Schuhe an den Fuss. Durch die Wicklungen der Mecate wird es unter dem Kinn stabilisiert. Hauptsächlich wirkt das Bosal auf die Nase. Durch das Annehmen des beispielsweise rechten Zügels, entsteht Druck auf die linke Wange des Pferdes. Folglich nimmt es den Kopf nach rechts. Durch das Anlegen des Zügels an den Hals, spürt das Pferd durch die kratzige Beschaffenheit der Mecate den Zügel bereits, wenn dieser sich weniger bewegt und weicht entsprechend davon weg. Durch das Anheben oder absenken beider Hände, kann des Weiteren die Kopfhöhe des Pferdes eingestellt werden.

Im Folgenden gehe ich gerne näher auf meine Erfahrung mit dem Bosal ein und erzähle euch, wie wir Infinito auf das Bosal eingestellt haben. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass es sich dabei nur um einen persönlichen Erfahrungsbericht handelt, der weder den Anspruch erhebt vollständig zu sein, noch einen Trainer ersetzt.

1. Abbiegeübung vom Boden

Wie oben beschrieben, soll das Pferd sich auf Zug an einem Zügel dahin biegen und bei der Aufnahme beider Zügel im Genick nachgeben, damit die Kopfhöhe eingestellt werden kann. Die erste Erklärung erfolgte am Boden. Dabei stellt man sich auf Widerristhöhe neben das Pferd, greift über diesen hinweg und nimmt den rechten Zügel an. Der Linke hängt währenddessen durch. In dem Moment, in dem Infinito sich noch rechts bog, wurde der Druck sofort abgebaut und das Pferd gelobt. Es folgte eine Wiederholung und dann dasselbe nach links, indem man ihn zu sich hin abbiegen lässt.
Wenn das klappt, darf man vom Pferd auch verlangen etwas länger in der Biegung zu bleiben, ehe man die Übung wieder lobend abbricht. Wichtig ist, dass der Reiter sagt, das reicht und nicht das Pferd.

2. Abbiegeübung im Sattel

Wenn das Abbiegen am Boden gut funktioniert, kann man sich auf das Pferd setzen und dasselbe im Stand von oben abfragen. Nur so kann sichergestellt werden, dass das Pferd die Hilfen lernt! Wenn es am Boden nicht funktiniert, muss solange geübt werden, bis es klappt, ansonsten geht es aus dem Sattel auch nicht.

Es wird wiederum damit begonnen, das Pferd nach rechts und nach links durch Zügelannahme abbiegen zu lassen. Wenn das Pferd reagiert, wird man sofort weich mit der Hand. Das ist das A und O. Ansonsten wird es irgendwann nicht mehr reagieren. Wenn das seitliche Abbiegen klappt, nimmt man das Pferd in die Mitte und lässt es im Genick nachgeben, indem man beide Hände leicht hebt und dabei Druck auf das Kinn ausübt. Ganz wichtig, in dem Moment, in dem man fühlt, dass das Pferd nachgeben wird, geben die Hände nach vorne nach!

Volten und Achten reiten

Nach dem Abbiegen im Stand,  geht es darum, die gelernten Hilfen zusammen mit Sitz- und Schenkelhilfen während dem Reiten einzusetzen. Dazu bietet es sich an viele kleine Volten und Achten zu reiten. Achtung, eine hohe Handhaltung führt zu einer vermehrten Aufrichtung des Pferdes. Nimmt man die Hand tiefer, stellt sich das Genick auch etwas tiefer ein. Das Pferd sollte immer in seiner aktuellen Kraft geritten werden (siehe Kursbericht Reiten in der Kraft), entsprechend ist unbedingt auf die Kopfhöhe des Pferdes zu achten.

Wann immer man das Gefühl hat, man käme mit seinen Hilfen nicht durch: Anhalten, Abbiegen und dann dieselbe Lektion weiterreiten. Es hat keinen Sinn einfach etwas zu erzwingen, was dem Pferd in diesem Moment unlogisch erscheint. Daher gehen wir zurück zur bekannten Basis, sagen „Schau, das meine ich und das kannst du ja schon.“ und reiten weiter.

Resümee zum ersten Mal Reiten mit dem Bosal

Kurz gesagt: Wir haben Infinito gleich ausgemessen und bei Micha Nagel ein eigenes Bosal bestellt.

Das Bosal hat mich durch seine Präzision und Feinheit überzeugt. Infinito war damit noch zufriedener als mit dem Cavesal® und ich hatte den Eindruck, dass es viel direkter und genauer wirkt. Angst davor habe ich durch Wolfgangs genaue Anleitung keine mehr. Respekt natürlich schon, aber den braucht es auch bei der Reiterei.

Das Spannende war auch und damit das Ausschlaggebende, dass die Anleitung von Wolfgang funktioniert. Denn als ich am Sonntagnachmittag Infinito in der letzten Lektion nochmals nach dem Abbiegen fragte, hat es noch feiner geklappt. Ich musste fast nur noch denken und beim Reiten meinteer sofort: "Ja, ich weiss nun wie es funktioniert, schau." Wären die Erklärungen des Bosals nicht logisch und verständlich für ihn gewesen, hätte das in so kurzer Zeit nicht so gut geklappt.

Also: Egal was für eine Zäumung ihr benutzt, ihr müsst dem Pferd erklären, was die Hilfen bedeuten, die ihr ihm gebt. Wenn alles mit feinen Hilfen klappt, dann habt ihr das toll gemacht, wenn nicht zurück zur Basis und nochmals erklären. Das ist wie bei den Menschenkindern in der Schule

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